Situationsgerecht helfen
Mittwoch, Februar 4th, 2009 | mi, on tour
Ich stehe gestern Abend an der Bushaltestelle und warte auf meine Bus nach Hause. Schaue so vor mich hin, mein Bus biegt um die Ecke, als es plötzlich auf der anderen Straßenseite kräftig rummst. Ein Auto steht ruckartig, eine Person liegt halb auf der Straße und alle Wartenden drehen sich erschrocken um. Ich finde mich auf einmal, neben der Verletzten knieend, auf der anderen Straßenseite wieder. Sie ist ansprechbar, weiß ihren Namen und hat ganz offensichtlich eine (nur) Kopfplatzwunde. Soweit also erstmal Entwarnung. Eine Passantin wird für den Notruf eingeplant, der Autofahrer wird zum Verbandkastenholen geschickt.
Ich checke -zugegeben sehr grob- auf weitere Verletzungen, da sie aber Arme, Beine, Hände und Füße bewegen kann und auch Gefühl darin hat, keine Kleidung zerissen ist und auch sonst kein Blut austritt, bin ich schon etwas ruhiger. Ich entscheide mich sie liegen zu lassen, denn eigentlich liegt sie perfekt: Das Auto schirmt den Unfallort gut ab, sie liegt auf der Seite, ist relativ schmerzfrei und ich sehe einfach keinen Grund sie zu bewegen, auch vor dem Hintergrund, dass der nächste RTW ca. 300m entfernt steht.
Der Autofahrer ist mit dem (orig. verpackten) Verbandkasten zurück, ich schnappe mir ein paar Handschuhe und mache mich auf die Suche nach der Kopfplatzwunde. Was ich dabei gelernt habe ist, dass einen die Schwerkraft ganz schön an der Nase herumführen kann. Das Problem in meinem Fall ist, dass die Patientin nur aus Haaren zu bestehen scheint. Schon um ihr beim Sprechen ins Gesicht zu sehen, bin ich ständig dabei ihr die Haare aus dem Gesicht zu streichen (der einzige Grund, warum ich sie evt. auf den Rücken gedreht hätte). Zunächst vermute ich die Wunde also an der Stelle, an der es am Stärksten tropft. Weit gefehlt, denn nachdem sie sich eine Kompresse brav auf die mutmaßliche Stelle drückt, finde ich, als ich wieder nach ihrem Gesicht suche, die eigentliche Wunde auf genau der anderen Seite.
Es folgt der Versuch eine neue Kompresse mit Hilfe eines Vlies-Dreiecktuchs am Kopf zu befestigen. Das finde ich mit den alten Tüchern aus Baumwolle deutlich einfacher, denn die sind weniger glatt. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes hält es aber. Es folgt eine kurze Übergabe (viel zu erzählen gibt es ja nicht), dann ist sie auch schon auf der Trage und im RTW verschwunden.
Ich sitze kurze Zeit später im nächsten Bus und frage mich, ob ich alles richtig gemacht habe. Tja, ganz sicher bin ich mir da nicht, denn ich habe mich total unsicher gefühlt. Ich war allein, hatte Null Material dabei und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich zumindest Handschuhe an meinen zittrigen Fingern hatte. Die Situation kenne ich nicht und hat auch alle schönen Pläne aus irgendwelchen Übungsszenarien durcheinander geworfen. Da hilft nur eins, noch mehr üben, für noch mehr Routine.
5 Comments to Situationsgerecht helfen
Ich glaube Mirko, du hast in dem Moment alles getan, was du gelernt hast und hast instinktiv richtig gehandelt. Natürlich ist so eine Situation, so völlig aus dem Alltag gerissen zu werden, auf einmal unwirklich und man überlegt später noch, was hätte ich besser machen können… Das ist völlig normal diese Gedanken später zu haben und ich denke, das wird jedem Helfer so ergehen. Du kannst es als positiv abhacken und hast jetzt immer einen guten Beitrag für den Erste Hilfe Kurs:-)
04.02.2009
Ach Mirko, das klingt alles ganz normal. Schön, dass Du helfen konntest.
Selbst Cracks wie Toschi und Richi kriegen ohne RTW unterm Hintern und tolle Koffer in der Hand bestimmt mal das Zittern. Mir geht es oft so wenn ich „nackt“ an irgendwelche Einsatzorte komme. Handschuhe könnte man aber schon mal in der Tasche haben. Das hilft auch gegen die zitternden Hände, wegen der Kälte und so 😉
04.02.2009
hättest heute Abend die Möglichkeit – aber hast Dich ja noch nicht an- oder abgemeldet 🙂
04.02.2009
… und hinterher fallen einem tausend Sachen ein die man hätte anders machen können. Ich bin sicher, dass Du dieses unter der Rubrik: „positive Erfahrungen“ ablegen wirst. So etwas bringt einen unheimlich weiter obwohl man nur am zweifeln ist alles richtig gemacht zu haben. Schön geschrieben.
13.02.2009
Kleiner Tipp:
In diese kleinen gelben Dinger aus dem Überraschungsei
passt ein Paar Einweghandschuhe… Sogar in Größe XL.
Also auch für meine Pfoten geeignet :-))
Gruß Michael
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